Generationen zwischen Donau, Thaya und March
Das Weinviertel, das mit seiner Stille bezaubert, war über die Jahrhunderte immer ein Schauplatz der europäischen Geschichte. Kelten, Awaren, Kurruzen, Slawen, Ungarn, Türken, Schweden, Franzosen, Preußen und Russen – sie alle haben im traditionellen Grenzlandgebiet ihre sichtbaren Spuren hinterlassen. Zwischen Thaya, March und Donau begegnen wir ihnen auf Schritt und Tritt.
Das Weinviertel offenbart einen reichhaltigen Schatz an sehenswerten und teils einzigartigen Kulturgütern. Im dichtesten Museennetz Niederösterreichs finden interessierte Besucher ein höchst abwechslungsreiches Angebot.
Nach der Bronzezeit folgt die Eiszeit, die den Weinviertlern einige „Mugln“, riesige Grabhügeln reicher Fürsten, beschert. Der bekannteste ist in der Ortschaft „Großmugl“ zu bestaunen.
Noch vor Christi Geburt tauchen die Kelten, besser bekannt als Gallier, im Weinviertel auf, die Römer folgen. In der Völkerwanderungszeit kommen Langobarden und Awaren. Slawen siedeln in vielen Orten des Weinviertels.
Das immer stärker werdende Christentum sorgt für die Einwanderung von Siedlern aus dem bayrischen und fränkischen Raum.
Zur Zeit der Babenberger (976 – 1246) werden „Mutterpfarren“ gegründet, die ihrerseits Keimzellen für die Christianisierung darstellen.
Mit 1278, der Schlacht von Dürnkrut und Jedenspeigen, wird der Beginn der Habsburgerherrschaft datiert. In dieser – auf heutigem Weinviertler Boden ausgetragen – Schlacht besiegt Rudolf von Habsburg Przemysl Ottokar II. Die Habsburgerzeit geht 1918 in Eckartsau – ebenfalls im Weinviertel – mit der Abdankung Kaiser Karls zu Ende. In diese 640 Jahre dauernde Epoche fallen nicht nur kriegerische Ereignisse wie Einfälle der Hussiten, Böhmen, der Ungarn unter Matthias Corvinus, der Türken, der alles zerstörenden Schweden im Jahr 1645, der Kuruzzen, Napoleons (1809) und der Preußen. Es gibt auch Zeiten, in denen Friede und rege Bautätigkeit herrschen. Aus der Zeit der Renaissance sind wunderschöne Sgraffitohäuser erhalten. Viele der Kirchen gehen auf die Romanik zurück, wurden in der Gotik oft um einen Chor erweitert und im 18. Jahrhundert mit barockem Überschwang dekoriert.
Das Weinviertel wird heute noch oft als „blutiges Schlachtfeld“ und Durchgangsland bezeichnet. Die Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg sind gekennzeichnet durch die Nähe des Eisernen Vorhangs; das Weinviertel wird zur „Peripherie“. Wie ein Wunder erscheint dann der plötzliche Untergang des „real existierenden Sozialismus“ im Jahr 1989 – die Grenzbalken zu den Nachbarstaaten werden geöffnet. Für das Weinviertel, lange Zeit in einem toten Winkel Europas gelegen, bricht damit wieder einmal eine neue Epoche an.