Eine ausführliche Geschichte des Weinbaus im Weinviertel
Ja selbst am Beginn der Geschichte des Weinbaus in Österreich steht das Weinviertel, wurden doch gerade hier die ältesten Traubenkerne gefunden. Bei diesem Fund handelt es sich sogar um einen der ältesten Nachweise von Kulturreben Mitteleuropas. Gefunden wurden diese eindeutig auf die Zeit um 800 v. Chr. datierten Traubenkerne in Stillfried an der March, einem der wichtigsten archäologischen Grabungsplätze des Mitteleuropas, an dem Funde faktisch aller Epochen, von der Steinzeit über die Bronzezeit, Eisenzeit, Römerzeit, aus dem Mittelalter, bis hin in die frühe Neuzeit ergraben wurden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Stillfried an einer der wichtigsten Handelsverbindungen Europas lag – der Bernsteinstraße. Auf diesem Weg gab es einen reichen kulturellen Austausch, so auch mit dem Mittelmeerraum, aus dem die Kulturreben hierherkamen. Dort waren die Wildreben, aus denen schließlich unsere heutigen Kulturreben hervorgingen, bereits um 11.000 v. Chr. verbreitet, wie Funde vom Peloponnes belegen. Kulturreben finden sich spätestens um 3.000 v. Chr. in Ägypten, wobei es aber vermutlich schon im 5. Jahrtausend v. Chr. erste Versuche zur Kultivierung von Reben in Vorderasien gegeben hat. Im 3. Jahrtausend v. Chr. wurden Kulturreben auch bereits im Ägäisraum angebaut.
Fast schon legendenhaft wird die Verbreitung des Weinbaus nördlich der Alpen mit dem römischen Kaiser Marcus Aurelius Probus (232 – 282 n. Chr./ Kaiser seit 276) in Verbindung gebracht. Wenn ihm nicht gleich die Einführung des Weinbaus im heutigen Österreich unterstellt wird, so doch zumindest, dass er für die Anpflanzung neuer besserer Rebsorten hier verantwortlich zeichnet oder er die Aufhebung von Gesetzen, die den Weinbau in den Provinzen einschränkten, veranlasste. Als Grundlage dafür wurden Stellen von römischen Autoren, die im Zusammenhang mit dem Weinbau in der Provinz Pannonien stehen, so etwa Aurelius Victor, Eutropius oder Eusebius sowie die „Historia Augusta“ herangezogen. So geisterte diese Behauptung auch noch durch die Köpfe der Humanisten des Mittelalters. Tatsächlich existierte jedoch bereits in vorrömischer Zeit hier Weinbau. Sicher aber brachte die römische Herrschaft eine Verbesserung des bestehenden Weinanbaus mit sich, und seit der Mitte des 3. Jahrhunderts gewann der Weinanbau in unseren Breiten auch deutlich an Gewicht. Darstellungen von Wein besitzen wir sicher schon im 2. nachchristlichen Jahrhundert, wovon etwa ein aus Carnuntum stammender Römerstein mit der Darstellung zweier Rebstöcke mit Blättern und Trauben zeugt. Der erste konkrete schriftliche Beleg auf eine Rebfläche im heutigen Niederösterreich findet sich aber erst in der „Vita Sancti Severini“ des Eugippius, der bedeutendsten Quelle zur Spätantike im bayrisch-österreichischen Donauraum. Darin wird im Zusammenhang mit dem Leben des heiligen Severin die Existenz von Rebflächen bei Mautern um das Jahr 470 erwähnt.
Wohl aus diesem Grund wurde der heilige Severin ja auch, neben anderen prominenteren Heiligen wie Urban oder Martin, zu einem der Schutzpatrone der Winzer und Weinstöcke.
Auch die Zeit der Völkerwanderung scheint der Weinbau in Niederösterreich zumindest rudimentär überstanden zu haben, ist dieser ja im 8. Jahrhundert in Österreich an der Donau, wohl noch auf römischen Grundlagen basierend, nachzuweisen.
So wenig sich schon konkret aufgrund der höchst spärlichen Quellenlage über den frühen Weinbau in Österreich südlich der Donau aussagen lässt, im Weinviertel verfügen wir erst im Hochmittelalter über Quellenbelege für diesen.
Ein ganzer Strom von gentilen germanischen Gruppen wie Goten, Eruler, Rugier und Langobarden hatte das Gebiet nördlich der Donau im Zuge ihrer Wanderbewegungen gestreift, ehe es in den Einflussbereich der nachrückenden Awaren beziehungsweise der unter ihrer Oberhoheit stehenden slawischen Gentes geraten war. Im Zuge der karolingischen Expansion nach Osten, geriet das Gebiet des heutigen Weinviertel in ein Spannungsfeld zwischen dem Frankenreich und dem Großmährischen Reich, bevor die Ungarn hierher vordrangen, um die Entwicklung der spätantiken/ frühmittelalterlichen Jahrhunderte nur ganz kurz und absolut unvollständig zu skizzieren.
In der Zeit um 1040 kam es unter dem salischen König und späteren Kaiser (seit 1046) Heinrich III. zu einer gewissen Stabilisierung der Lage. Einerseits konnte Heinrich dem böhmischen Herzog Břetislav seine Oberhoheit aufzwingen, andererseits wurden unter ihm die Ungarn zurückgedrängt, und so stand der Weg für eine neue Besiedlungswelle im heutigen Weinviertel offen. Diese wurde vor allem durch bayrisch-fränkische Einwanderer getragen.
Ob die damaligen Siedler bereits echte Rebkulturen im Weinviertel vorfanden, entzieht sich unserer Kenntnis. Für sie standen wohl anfangs Ackerbau und Viehzucht im Vordergrund, bescheidener Weinbau wurde nur für den eigenen Bedarf betrieben. Solche kleinen Weingärten sollen, den Forschungen von Franz Stubenvoll zufolge, schon als Grundausstattung bei der Besiedlung vorgesehen gewesen sein. Ob und wieweit dabei auf bereits vorhandene Kulturreben aufgebaut werden konnte, lässt sich nicht sagen. Die Oberhoheit über den Weinanbau nahmen dabei Klöster, Bistümer und verschiedene Herrschaften ein, die wie viele der Siedler auch fränkisch waren. Ein Reflex davon scheint die Bezeichnung des guten Weines als „Fränkischer“ zu sein, wohingegen der schlechte abwertend als „Heunischer“ tituliert wurde, worin sich etymologisch noch der Name Hunnen verbirgt, die pars pro toto für alle Reitervölker aus dem Osten standen.
Urkundliche Belege über den Weinbau, vor allem was den Osten des Weinviertels betrifft, finden sich erst recht spät und stehen im Gefolge der Entwicklungen des 11. Jahrhunderts.
Besonders für heute sehr bedeutende Weinbaugemeinden gibt es überraschend spät Erstnennungen, was freilich nicht bedeuten soll, dass dort davor kein Weinbau existierte. So wird mitunter der Umstand der fehlenden urkundlichen Belege schon dadurch relativiert, dass sich in unmittelbarer Umgebung dieser Orte wesentlich frühere Nennungen finden.
So etwa für Falkenstein mit seinem berühmten Bergrecht, worauf später noch einzugehen sein wird, 1309.
Für Poysdorf, das mit seinem Winzerfest eine der größten Attraktionen in der Weintouristik bietet und überhaupt eine der wichtigsten Weinbaugemeinden heute ist, stammt die erste urkundliche Nennung des Weinbaus erst aus dem Jahr 1334, Nennungen aus der Umgebung reichen jedoch viel weiter zurück.
Wolkersdorf scheint im Zusammenhang mit Wein 1377 auf, und Hagenbrunn gar erst 1395, als Weingärten im Zuge des Verkaufs von Gütern des Klosters Formbach an das Stift Klosterneuburg genannt werden.
Und schließlich taucht eine so bedeutende Weinbaugemeinde wie Matzen erst 1413 in diesem Zusammenhang auf.
Aus dem östlichen Weinviertel finden sich frühere Beleg etwa aus Groß-Schweinbarth (1135/40), Königsbrunn (1156/77), Bisamberg (um 1150), Pillichsdorf (20. März 1161), Ulrichskirchen (1180), Stillfried (1180), Stammersdorf (1220/40).
Um 1160 hatte Heinrich von Mistelbach zwar einen Weingarten an das Stift Klosterneuburg verpfändet, „falls dem Kloster das Weingut Welwen […] entfremdet würde, das er mit seiner Tochter Adelheid geschenkt hatte“. Leider lässt uns diese Urkunde im Unklaren, wo sich dieser Weingarten befand; nachdem die anderen in der Urkunde erwähnten Weingüter jedoch in der Umgebung von Maria Laach am Jauerling liegen, ist es wohl wahrscheinlich, dass auch der darin erwähnte Weingarten in der dortigen Umgebung zu suchen ist und nicht in Mistelbach.
Im westlichen Weinviertel verfügen wir über etwas frühere Erwähnungen des Weinbaus als im Osten, hier gehen sie in einigen Orten sogar bis in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück. 1066 wird vermutlich bereits Weinbau bei Thern erwähnt. Weiters schenkte Bischof Altmann von Passau 1083 Weingärten in Goggendorf an das Stift Göttweig.
Selbst Hollabrunn, wo der Weinbau heute kaum eine Rolle spielt, folgte bereits 1135 mit einer Erstnennung. Für die Umgebung der Stadt Retz, mit eine der bekanntesten Weinbaugemeinden Österreichs, wird der Weinbau um 1155 erstmals erwähnt und damit vor der urkundlichen Erstnennung von Retz selbst. Eine ebenfalls bekanntere Weinbaugemeinde wie Pulkau taucht hingegen erst 1216 auf. Auch für Schrattenthal findet sich mit 1220 erst eine Erwähnung aus dem 13. Jahrhundert.
Dass Hingegen auf einer Synode im Weinviertler Mistelbach gegen Ende des 10. Jahrhunderts bereits über Weinzehente (Steuern aus dem Weinbau) verhandelt wurde, entspringt einem Wunschdenken beziehungsweise – wie viele andere Frühdatierungen von Orten im Weinviertel einer manchmal nicht ganz unabsichtlichen Verwechslung mit namensgleichen Ortschaften in Bayern beziehungsweise Oberösterreich – um eine frühere Erstnennung aufweisen zu können, wie im Fall von Mistelbach bei Wels, wo die genannte Synode tatsächlich stattfand.
Besonders im 13. Jahrhundert erlebte der Weinanbau mit der Ausweitung von Rebflächen einen enormen Aufschwung; dies ging jedoch Hand in Hand mit der Rodung von Waldgebieten und der „Umwidmung“ ehemaliger Weideflächen“ und Äcker zu Weingärten. Wo es möglich war, wurden dafür Hanglagen herangezogen, weshalb ja auch oft, selbst im so flachen Weinviertel, der Begriff „Weinberg“ verwendet wird.
Im Mittelalter unterlag der Weinbau einer eigenen Gerichtsordnung, dem sogenannten „Bergrecht“ (von Weinberg abgeleitet). Das wohl bekannteste aus dem Weinviertel war das von Falkenstein aus dem Jahr 1309 für den „Rosenberg“. Bei diesem handelte es sich um ein „Bergtaiding“ (Taiding kommt von Tageding und bedeutet Gericht an einem bestimmten Ort) , das Bestimmungen nur für den „Rosenberg“ selbst enthielt, aber für spätere Bergrechte als Vorbild diente. Problematisch ist, dass in der älteren Forschung hier zwei Berggerichte als identisch betrachtet wurden und angenommen wurde, dass jenes Berggericht, das lediglich für den „Rosenberg“ zuständig war und durch sein frühes Entstehungsdatum heraussticht, gleichzusetzen sei mit dem bedeutenden Falkensteiner Appelationsgericht für Beschlüsse anderer Berggerichte. Die Befugnisse dieses Falkensteiner Berggerichts erstreckten sich nämlich neben dem nordöstlichen Weinviertel sogar auf Südmähren. Angeblich soll 1609 der mährische Landtag in Brünn das Falkensteiner Berggericht ausdrücklich zu dem Ort bestimmt haben, wo gegen Urteile anderer Berggerichte berufen werden konnte.
Das Bergrecht musste fast immer in Naturalleistungen an Wein, erst später und auch dann eher selten in Geld, abgegolten werden. Im Unterschied zum Zehent, der von der Ernte abhängig war und ursprünglich eine Art Kirchensteuer war, die erst im Spätmittelalter eine frei verkäufliche Steuer wurde und seitdem zunehmend auch von weltlichen Herren gekauft wurde, war das Bergrecht jährlich abzugelten.
Da die Weinhauer anfänglich nicht über eigene Pressen verfügten – diese gehörten meist den „Bergrechtsbesitzern“, die im späten Mittelalter neben den Landesherrn, den Klöstern und Bistümern zunehmend Bürger aus Städten wie Wien wurden – musste die Maische als Naturalsteuer in Bottichen zur weiteren Verarbeitung abgeliefert werden. Wie streng die Unterschlagung von Maische bestraft wurde, zeigt unter anderem das Matzener „Grundbuch der Überländ-Weingärten“ aus dem Jahr 1619, in dem für die Unterschlagung eines Maischewagens eine Strafe von 10 Gulden in Aussicht gestellt wird.
Wie bereits angedeutet, brachte die zunehmende Erweiterung der Rebflächen auch Probleme mit sich. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde der Weinanbau noch weiter forciert. Das Aufblühen der aufstrebenden Weinbauorte wirkte anziehend auf verarmte Ackerbauern, die sich durch den Zuzug in diese Orte eine Verbesserung ihrer Lebenssituation erhofften.
Besonders günstig auf den Weinbau in ganz Niederösterreich und damit auch des Weinviertels wirkte sich zusätzlich das milde Klima aus, das im hohen und späten Mittelalter vorherrschte. Hinzu kam noch, dass nach der Niederlage des ungarischen Heeres in der Schlacht von Mohács (1526) große Teile Ungarns dem osmanischen Reich einverleibt wurden und somit der größte Konkurrent in Sachen Weinexport zumindest teilweise ausfiel.
Dadurch spitzte sich die Lage jedoch so weit zu, dass im 16. Jahrhundert die weitere Umwandlung von anderweitig genutzten Agrarflächen in Weingärten verboten werden musste – man befürchtete das Ausbrechen von Hungersnöten, wenn noch mehr Äcker und Weiden dem Weinbau hätten weichen müssen. Flächenmäßig erstreckte sich damals der Weinanbau über ein bis heute nicht mehr erreichtes Maximum der Fläche des Weinviertels.
Durch die Zunahme der am Weinbau beteiligten Bevölkerung kam es zu einer immer größeren Aufsplitterung der Lehen, wodurch einerseits die Struktur der schmalen langgezogenen Weingärten (Riemenparzellen) entstand, andererseits, aber auch, aufgrund der Realteilung des jeweiligen Erbes mit den sogenannten „Kleinhäuslern“, eine Bevölkerungsgruppe entstand, die am unteren Ende der Sozialleiter angesiedelt war und meist nur über kleine als „Hausweingärten“ bezeichnete Anbauflächen verfügte.
Auch der „internationale“ Export des Weins nahm an Bedeutung zu: neben Böhmen und Mähren, wurden auch Polen und sogar Litauen und Lettland beliefert.
Ja selbst der russische Zarenhof wurde, in späterer Zeit mit Weinviertler Wein versorgt. Eine Anekdote besagt, dass Zar Alexander I. 1814 auf seinem Weg zum Wiener Kongress in Poysdorf Halt machte. Er soll so begeistert vom Poysdorfer Wein gewesen sein, dass dieser von jenem Zeitpunkt an nach St. Petersburg an seinen Hof geliefert wurde und die Poysdorfer somit zu kaiserlich-russischen Hoflieferanten wurden. In Erinnerung daran fuhr übrigens der Poysdorfer Oldtimerclub im Jahr 2004 zum 300-Jahr-Jubiläum der Stadt St. Peterburg mit einem Fass Wein dorthin.
Die Großmacht-Politik des Hauses Habsburg wirkte sich allerdings erschwerend auf den Weinbau, auch den des Weinviertels, aus. Die immer neu ausgehobenen Söldnerheere verschlangen Unsummen. Um diese Ausgaben auch decken zu können, wurden die verschiedensten neuen Steuern eingeführt, die zu einer zunehmenden Verarmung der Bevölkerung führten. Die Verwüstungen, vor allem im 30jährigen Krieg, die auch im Weinviertel erheblich waren, taten ein Übriges. Eines der durch verschiedenste Abgaben am meisten steuerlich belasteten Güter war dabei der Wein. Dies führte zu einem empfindlichen Rückgang im Konsum, was wiederum eine Verkleinerung der Rebflächen nach sich zog.
Die Lage verbesserte sich schließlich unter dem Einfluss der merkantilistischen Ideen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. So wurde mit der Liberalisierung der Wirtschaft unter Joseph II. auch der freie Verkauf der bäuerlichen Produkte möglich und einer für das Weinviertel typischen, aber nicht nur auf dieses beschränkte Institution, Tür und Tor geöffnet: dem Heurigen. Jedem war nun erlaubt, selbst erzeugte Waren an wen er auch wollte, feilzubieten, was gerne, vor allem in der Umgebung Wiens angenommen wurde, ergaben sich doch durch den direkten Verkauf ohne Zwischenhändler enorme Vorteile für beide Seiten.
Ein Problem für die Qualität des Weinanbaus stellten die lange vorherrschenden „Durcheinanderkulturen“ dar, wie der Matzener Weinbaufachmann Christian Graf Kynski 1879 konstatierte.
Der Platz zwischen den Weinstöcken wurde auch genutzt etwa um verschiedene Gemüse wie Kraut und Fisolen, Kohl, Kukuruz und vereinzelt auch Obstbäume zu pflanzen, man denke hier nur an den „Weingartenpfirsich“ und „Weingartenknoblauch“.
Die Reblaus im Weinviertel
Freilich gab es immer Krankheiten und Schädlingsbefall bei den Rebkulturen, doch mit der durch den Import von amerikanischen Weinstöcken eingeschleppten Reblaus, kam es zu einer wirklichen Zäsur im Weinbau. Nach Südfrankreich war sie zwischen 1858 und 1862 mit solchen Reben eingeschleppt worden, in Österreich trugen amerikanische Reben Schuld, die die Weinbauschule in Klosterneuburg 1868 in ihren Versuchsweingärten ausgepflanzt hatte. 1872 wurde ihr Vorkommen dort das erste Mal festgestellt. Es dauerte noch zehn Jahre, bis sie den „Sprung“ über die Donau ins Weinviertel schaffte, wo sie 1882 in Langenzersdorf und Stammersdorf das erste Mal nachgewiesen wurde. Von da an war ihr weiterer Siegeszug im Weinviertel unaufhaltsam.
Gegen die Reblaus wurde anfangs mit dem Injizieren von Schwefelkohlenstoff vorgegangen, was einerseits sehr teuer war und andererseits nicht den nachhaltigen Erfolg brachte, der sich erst mit dem Aussetzen von mit heimischen Sorten veredelten amerikanischen Stöcken einstellte, die gegen die Reblaus resistent waren.
Eine nachhaltige Änderung ergab sich hier erst nach der erfolgreichen Abwehr der Reblauskatastrophe besonders in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als man dazu überging die Reben in Zeilen auszupflanzen (Zeilenweingärten).
Diese umfassten pro Hektar ca. 10.000 bis 12.000 Weinstöcke. Mit dem Übergang auf die heutigen Hochkulturen reduzierte sich die Zahl auf etwa 2.500, wodurch sich eine enorme Verringerung der Kosten beim Auspflanzen von Weingärten ergab.
Gleichzeitig begann man beim Aussetzen auch auf die Sortenreinheit der Weingärten zu achten, was zu einer Qualitätssteigerung im heimischen Weinbau führte.
Ein letzter entscheidender Schritt hin zum modernen Weinbau war die Einführung der Hochkulturen. Der bekannte Önologe Lenz Moser hatte 1923 damit begonnen, ein auf Englisch verfasstes Weinbaufachbuch zu übersetzen, in dem er mit der Anbaumethode der Hochkulturen konfrontiert wurde. Wenig später begann er mit dieser aus Amerika stammenden Methode zu experimentieren. 1932 setzte er den ersten Weingarten mit 3 Metern Reihenbreite, was eine maschinelle Bearbeitung erlaubte, nach dieser Methode aus. Er hatte doppelten Erfolg damit. Einerseits verringerte sich der notwendige Arbeitsaufwand im Weingarten enorm, andererseits stieg der Ertrag stark an. Seit 1956, einem Jahr, in dem es besonders schwere durch Frost verursachte Schäden gegeben hatte, wurde die neue Methode nun auch von offizieller Seite gefördert. Auch wenn der aus Rohrendorf bei Krems stammende Moser der erste war, so gilt es hier auch einen Weinviertler Pionier in Sachen Hochkulturen zu erwähnen, nämlich den Münichsthaler Franz Fleischmann. Dieser hatte, im Gegensatz zu Moser, der sein Wissen aus Büchern bezog, die Hochkulturen in Südamerika selbst kennen gelernt und seit 1936 in seinem Heimatort Hochkulturen ausgesetzt, was ihm zunächst den Spott der Dorfbevölkerung einbrachte. Doch auch ihm gab der Erfolg Recht, und so folgten nach dem 2. Weltkrieg immer mehr Bauern Münichsthals seinem Vorbild.
Der Wandel erfolgte seit dem Winter von 1956 sehr rasch, so waren etwa im Bezirk Gänserndorf im Jahr 1969 bereits 80% der Rebflächen in Hochkulturen umgewandelt worden und bis heute prägen diese das Landschaftsbild des Weinviertels.