Weinviertler Kellergassen - Dörfer ohne Rauchfang
Wer kennt sie nicht? Die für das Weinviertel typischen Kellergassen. Sie prägen das Landschaftsbild Niederösterreichs und sind fester Bestandteil der niederösterreichischen Kultur. Mehr als 1000 Kellergassen finden sich in Niederösterreich, der Großteil von ihnen im Weinviertel. In ihnen werden nicht nur Weine gelagert, sondern auch Feste gefeiert und Weinführungen ermöglicht.
Kellergassen sind im Weinviertel eine kulturhistorische Besonderheit und prägen seit vielen Jahren das Weinviertel und seine Landschaft. Die Weinkeller in den Kellergassen wurden früher als Produktions- und Lagerstätten genutzt. Heute wird der Wein meist in den Weingütern selbst gekeltert, aber an vielen Orten werden die Kellergassen gepflegt und zu besonderen Anlässen wieder zum Leben erweckt.
Die Presshäuser des Weinviertels bilden in fast allen Gemeinden eigene Dörfer oder Gassen. Sie sind mittlerweile zum Markenzeichen des Weinviertels geworden und bieten zahlreiche kulinarische und genüssliche Kellergassenfeste und damit ein ganz besonderes Wein- und Kulturerlebnis. Für Interessierte am Thema Kellergassen und all jene, die einmal einen Blick in die dunklen Kellerröhren der Presshäuser werfen möchten, empfiehlt sich die Teilnahme an einer Kellergassenführung. Eigens dafür ausgebildete und zertifizierte Kellergassenführer erläutern dabei alles Wissenswerte rund um die Weinviertler Kellergassen.
Kellergassen – Weinviertels charakteristische Architektur
Die für das Weinviertel typischen Weinkeller gliedern sich in drei wesentliche Teile: das Presshaus oder „Vorkappl“ genannt (wenn kein Presshaus vorhanden war), der Kellerhals (im Wesentlichen der Abgang) und die Kellerröhre. Die Wände der Presshäuser wurden hauptsächlich aus ungebranntem Lehm oder aus Ziegeln errichtet und gekalkt. Die weißen Wände und die blau-grünen Farben der mit Kupfer-Sulfat eingestrichenen Holztüren geben den Kellergassen ihr charakteristisches Aussehen.
Geschichte der Weinkeller
Bereits in der Antike lagerten Römer ihre Weine in sogenannten „celleae vinariae“. Der römische Historiker Tacitus beschreibt in einem seiner Werke germanische Vorratsräume zur Lagerung von Wein. Bis zum Jahr 800 waren Weine in Holzvorrichtungen gelagert, erst später wurden sie durch Steinbauten ersetzt.
Die Herstellung von Wein war bis in die Neuzeit Klöstern vorbehalten, wo auch die Weinlagerung stattfand. Nach dem 30-jährigen Krieg erhielten Bauern mehr Rebflächen. Sie benötigten neue Lagerkapazitäten. So entstanden immer mehr Weinkeller, die heute ganze Kellergassen bilden.
Bekannte Weinviertler Kellergassen
Die Gstetten, auch Kellergstetten, zählt zu den bekanntesten Kellergassen im Weinviertel. Sie ist ein Ortsteil von Poysdorf, wo Presshäuser und Weinkeller nebeneinander erbaut wurden.
Die längste Kellergasse der Welt findet man in Hadres, einer kleinen Marktgemeinde in Hollabrunn/Niederösterreich. Sie ist ganze 1600 Meter lang und hat rund 400 Keller und Presshäuser.
Die Öhlbergkellergasse in Pillersdorf zeichnet sich durch ihre Ursprünglichkeit aus.
In der Marktgemeinde Zipf in Mailberg im Weinviertel liegen 21 denkmalgeschützte Presshäuser nebeneinander.
Die am Galgenberg in Wildendürnbach gelegene Kellergasse mit ihren 184 Presshäusern und Weinkellern zählt zu den größten Kellergassen Österreichs.
Die Kellergasse in Zellerndorf trägt den Namen „Maulavern“ und ist mit ihren knapp 90 Kellern und über 150 Jahren eine der schönsten und ältesten im Weinviertel.
Das Kellerdorf „Loamgrui“ in Unterstinkenbrunn hat eine einzigartige Konstruktion: Zwei unter Denkmalschutz stehende Hohlwege verbinden das Kellerdorf mit der anliegenden Ortschaft.
Weitere Informationen zu den Weinviertler Kellergassen
„Das Weinviertel ist wie ein Meer, das aufgehört hat, zu wogen. Das ist therapeutisch.“, schwärmt der österreichische Krimiautor Alfred Komarek. Die Kellergassen machen einen weiteren Aspekt der wunderbaren Seele dieser Landschaft auf. Dort, wo ihre schlichte Architektur eine einmalige Kulisse für die neue alte Langsamkeit und den Genuss des Schönen bildet.